Die Geschichte meines ersten 100 Meilen Laufes startet etwas früher im Jahr. Sie startete mit der Zieldurchquerung von Basti und Flo am 29.04. dieses Jahres beim Madeira Island Ultratrail. Damit war klar, dass Basti und Flo mit dem erfolgreichen Finish des Großglockner Ultratrail die erforderlichen Quali Punkte für den #UTMB einfahren würden. Mir fehlte aber dazu noch ein 6 Punkte Rennen. Und wie es der Zufall so wollte fand heuer eines zum ersten Mal im Wienerwald, quasi vor meiner Haustür statt. Mit unserer Zieldurchquerung am #GGUT war also für mich klar, dass ich mich 8 Wochen später auf meinen bisher längsten Lauf begeben werde. Für Flo war nach seinem DNF beim #GGUT auch noch nicht alles in trockenen Tüchern. Er musste beim Wienerwald Ultratrail mindesten 2 Runden absolvieren. Mindestens 108 km also. Ich hoffte schwer auf 3. Waren doch eher wenige Läufer am Start und es war mit Einsamkeit zu rechnen. Ebenso wollte sich Michele noch 5 Punkte sichern um auch am Abenteuer UTMB dabei zu sein.
Also auf nach Purkersdorf am Samstag früh um halb 6. Mit einem gut gefülltem Rucksack und einem noch größerem Dropbag, dass man gut bei Start/Ziel in einem Zelt abstellen konnte. Dann Startnummer holen, Ausrüstungskontrolle und ein letztes mal die Keramik besuchen. Alles wie immer. Die Stimmung am Start um kurz vor 7 war locker und gelöst wie man das von Trail-Wettbewerben eben so kennt. Es war so locker, dass uns tatsächlich der Startschuss überraschte, der pünktlich um 7:00 Uhr erfolgte. Also los gings für uns. In einer größeren Gruppe zusammen mit Ultra Debütanten wie Peter, der uns für eine Runde begleitete, 100 km Debütanten wie Steffen, und natürlich Flo und mir, ebenfalls Debütanten. Aber halt auf der 100 Meilen Strecke. Debütanten Ball sozusagen. Zuerst entlang der Bahn, dann unter ihr hindurch und ab in den Wald. Das alles bei bestem Laufwetter. Schön frisch aber sonnig. Was will man mehr. Es ging gleich gut los mit dem vermeintlich „schlimmsten Anstieg“ des Tages. Aber alles moderat verglichen zum GGUT. Wienerwald eben. Die Stimmung war gut, ebenfalls die Pace. Wir groovten uns schön langsam ein. Durch die große Gruppe konnte man immer mal wieder den Gesprächspartner wechseln, Taktiken für das Rennen durchgehen, einfach nur Unsinn reden. Das übliche halt. Auf uphill folgt downhill, und so ging es weiter bis zur ersten Labe bei der Laabacher Weinschenke. Leider gabs keinen Wein, sonst war aber alles da was man brauchte. Wir füllten Vorräte auf und bewegten uns zügig weiter Richtung Gablitz, wo uns eine rote Fußgängerampel in unserem Flow stoppte. Was für ein Pech. So war das Rennen nicht mehr zu gewinnen. Naja was solls. Laufen wir es halt locker ins Ziel 😉 Hinter Gablitz wurde es wieder etwas trailiger. Forststraßen und Waldwege wechselten sich ebenso ab wie Steigungen und Gefälle und wir hatten weiterhin richtig Spaß. Die Pace war super, die Bedingungen perfekt. Trailläuferchens Traum. Und ehe wir uns versahen waren wir schon in Rekawinkel, dem Umkehrpunkt und gleichzeitig der nächsten Labe. Durch die Läufer die eine und zwei Runden absolvierten war hier auch einiges los. Bei mir lief es bis jetzt bestens. Peter aus unserer Gruppe hatte nun schon etwas zu kämpfen. Ich denke der Rest war noch ganz fit. Wir machten uns auf die letzten 18 km der ersten Runde. Ich telefonierte zuerst mit meiner Familie, dann mit Basti, der uns für ein paar Kilometer begleiten wollte und bestellte ihn früher zum Treffpunkt. Wir waren nämlich immer noch sehr zügig unterwegs und aus den geplanten 7:30 für die erste Runde schienen eher eine 6:45 zu werden. Puh, das war schnell. Zu schnell vielleicht? Wir waren selbst nicht sicher. Aber wenn es läuft soll man es laufen lassen und das taten wir. 9 km bis zur nächsten Labe in Irenental waren zügig absolviert. Ein letztes Hindernis trennte uns noch von Start/Ziel in Purkersdorf. Der Troppberg. Der war dann auch der anstrengendste Anstieg der Runde. Zuerst auf einer Forststraße, dann steil über eine Wiese und dann ewig wellig dahin bis Purkersdorf in Sicht kam. Schnell noch die Frisur richten für den Foto-Point. Check. Und dann ab, das erste mal durchs Ziel nach 6h41min. Zum Dropbag, die Vorräte für unterwegs wieder auffüllen, Stirnlampe einpacken und etwas verpflegen. Peter war nun schon im Ziel. Wir starteten in unsere zweite Runde. Bald trafen wir auf Basti, der es rechtzeitig zum Treffpunkt geschafft hatte und schon ging es wieder in den Wald, hinauf den Berg. Ein neuer Gesprächspartner mit dem man die gleichen Themen noch mal durchgehen konnte. Auch nicht schlecht. Ich fühlte mich immer noch prächtig, genoss den Wald, das Wetter, den Lauf. So konnte es weiter gehen. In Bergab-Passagen zwickte ab und zu das Knie ein bisschen. Aber nichts was man nicht ignorieren könnte. Vor allem weil es auch nicht schlimmer zu werden schien. Also ging es weiter hoch, runter, links, rechts. Immer der perfekt markierten Strecke entlang. Basti begleitete uns bis Gablitz und schickte uns dann auf unsere letzen knapp 100 km. Krass wenn man schon 60 in den Beinen hat. Aber wir wollten es ja so. Flo und ich liefen jetzt nebeneinander. Und wir liefen und liefen und… plötzlich waren wir nur noch zu zweit. Die 108 km Läufer blieben hinter uns zurück. Was war da los? Übertrieben wir es? Wir hatten nicht das Gefühl und ein kurzer Blick auf meine Uhr verriet mir, dass auch die Leistungsdaten meines Stryd nicht eskalierten. Also einfach weiter machen. An der Laabe trafen wir uns noch einmal kurz, dann trennten sich unsere Wege für den den Rest des Tages. Wir liefen wieder und es lief immer noch gut. So langsam wurde das ganze schon ein wenig unheimlich. Ich befand mich nun auf den Laufpassagen auf den breiten Forststraßen sehr oft in einem Flow. Weiß auch nicht genau wie ich das beschreiben soll. Aber es stimmte einfach zu dieser Zeit fast alles. Pace, Wetter, Untergrund, Laufpartner. Das waren schon ein paar geniale Momente da kurz vor Rekawinkel. Die Verpflegung holte uns wieder zurück in die Wirklichkeit. Aber auch da liefen die Abläufe schon fast automatisch. Flaschen füllen. Bisschen was essen und eine kleine Wegzehrung mit nehmen. Schmäh führen (wie man in Wien sagt) und weiter geht’s. Michele lief uns noch mal entgegen. Er sah auch noch gut aus. Ebenso sein Schützling. Wir machten uns etwas Sorgen um Steffen. Das Strava FlyBy offenbarte aber, dass wir uns nur knapp an der Laber verpasst hatten. Er war also sogar vor Michele. Auf nach Irenental zur nächsten Brotzeit, wo wir endlich mal gebührend mit Jubel empfangen wurden. Das war endlich mal eine standesgemäße Begrüßung. Inzwischen hatten wir die Stirnlampen aufgesetzt. Ab jetzt ging es in der Dunkelheit dahin. Gut , die Strecke kannten wir jetzt schon 😉 Troppberg hoch und rüber nach Purkersdorf. Und fertig war die zweite Runde in 7h53min. So. Erstmal hinsetzen. Eine Suppe essen. Serviert vom sehr hilfsbereiten Sanitäter, der noch Dienst hatte. Zum Glück dachte Flo nicht ans aufhören. Punktemäßig hätte es ihm hier schon gereicht. Aber auch er wollte die 100 Meilen. Klar. An so einem Tag, an dem alles bisher nahezu perfekt lief. Na dann los zu den letzen 54 km dieses Abenteuers. Die Wanderabschnitte wurden jetzt schon deutlich länger. Die Müdigkeit nahm zu. Aber wir waren immer noch sehr zuversichtlich, dass ganze ordentlich zu Ende zu bringen. Und daran arbeiteten wir beständig. Koffein aus Gels, Isogetränken und Energydrinks hielt uns am Laufen/Wandern. Und plötzlich kam uns kurz vor der ersten Labe eine Stirnlampe entgegen. Hmmm, wer ist denn um diese Zeit noch unterwegs? Und siehe da. Es war der liebe Peter, der sich noch mal raus gewagt hat um uns zu unterstützen. Sehr coole Aktion. Ar brachte uns vegane Schoko und begleitete uns nach der Labe auch noch einen kleinen Abschnitt. Das tat gut. Überhaupt war es jetzt super, nicht alleine zu sein. Jemanden zu haben, den man vollsudern kann. Aber auch sich anzuhören, dass beim Partner auch nicht mehr alles so rund läuft. Aber hey. Uns trennten nur noch etwa 25 km von unserem ersten 100 Meiler. Und überhaupt war noch keiner von uns jemals so weit gelaufen. Und da war dann Rekawinkel, was für uns beide schon fast wie ein Zieleinlauf war. Ein letztes Mal am Umkehrpunkt. Nur noch 18 km zwischen uns und dem Finish. Ich zog mir hier jetzt meine Jacke über das lange Shirt. Es war empfindlich kalt mittlerweile. Und beim Sitzen am Verpflegungspunkt kam man schnell ins schlottern. Also weiter. Ein Kampf gegen die Müdigkeit, gegen die Erschöpfung. Aber wir bewegten uns. Langsamer zwar. Aber es war noch Leben in uns. Die letzte Labe war gar nicht mehr besetzt. Wir kannten uns aber zum Glück ja eh schon aus. Jetzt nur noch der Troppberg. Man war der die ersten zwei Runden auch schon so steil? Ich glaube kaum. Ich war jetzt schon sehr müde. Meine Koffein Gels waren aus. Energydrink war auch keiner mehr da. Cola von den Laben musste den Job tun. Und tat es auch einigermaßen. Und plötzlich war er da. Der letzte Downhill hinunter nach Purkersdorf. Etwas oberhalb des Ortes ließ ich einen Juchzer, dass sicher ein paar Leute nicht ausschlafen konnten an diesem Sonntag, 3 Spitzkehren noch. Alles nun im Wanderschritt. Über die Straße und dann im Laufschritt auf den Hauptplatz und ins Ziel unseres ersten 100 Meilen Laufes. Was für ein irres Ding. 24h25min waren wir dafür unterwegs. Belohnt wurden wir dafür mit Platz 6 in der Gesamtwertung und Platz 2 in unserer AK.
Was bleibt nach 100 Meilen durch den Wienerwald? Viele Eindrücke, die man wahrscheinlich nur bei Distanzen jenseits der 100 km erlebt. Sachen die man auch gar nicht so beschreiben kann. Irgendwie ja schon ein bisschen surreal, solch eine Distanz zu Fuß zurückzulegen. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde ich wäre nicht stolz auf diese Leistung. Einen großen Anteil an dieser Leistung hat aber sicher auch jeder, der uns irgendwie auf dieser Reise begleitet hat. Allen voran möchte ich hier Flo Danke sagen. Es war so wichtig in der kalten Rekawinkler Nacht jemanden dabei zu haben. Das war schon ein genialer gemeinsamer Trip. Natürlich bleiben aber auch noch 6 Punkte im ITRA Reglement. Und damit insgesamt 15 in 3 Rennen in 2 Jahren. Das heißt, formal erfülle ich die Quali für den UTMB. Mal schauen, ob wir ihn dann nächstes Jahr auch zusammen laufen werden. Das wäre natürlich schon die Krönung. Und hier bleibben natürlich noch ein paar Bilder und der Track des Abenteuers.